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Steuerrecht
Neues aus dem Steuerrecht
Und schon ist wieder das erste Jahresdrittel werte der Tarifzonen jährlich in Höhe des Wachs- punkten gerechtfertigt. Eine „verkappte Reichen-
(fast) vorbei. Der Frühling steht in den Startlö- tums der nominalen Einkommen anpassen. Na steuer“, wie die Kläger meinten, vermochte der BFH
chern und auch im März dürfen wir Sie wieder dann warten wir ab, wie es hier weiter geht. Das ifo darin nicht zu sehen. Die Bundesregierung kann
mit aktuellen Informationen rund um das Steu- Institut erwartet übrigens für 2023 eine geringere nach einer gescheiterten Klage gegen den Solida-
errecht versorgen. Wir wünschen viel Spaß bei Inflation als 2023. ritätszuschlag weiter jährliche Einnahmen in zwei-
der Lektüre. stelliger Milliardenhöhe aus der Abgabe einplanen.
2. Verfassungsmäßigkeit des Der Bundesfinanzhof (BFH) hält den Solidaritäts-
1. Kalte Progression 2022 und Solidaritätszuschlags zuschlag nämlich weiter für rechtmäßig. Hätte der
Inflationsausgleich Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Bundesfinanzhof den Zuschlag für verfassungswid-
Auch, wenn man den Eindruck hat, dass sich die Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswid- rig gehalten, hätte sich das Bundesverfassungsge-
Preise an den „Zapfsäulen“ etwas entspannen und rig. Dies hat zumindest der Bundesfinanzhof (BFH) richt damit befassen müssen. Eine solche Vorlage sei
die Richtung der Entwicklung der Energie und Le- entschieden. aber nicht geboten, entschied der Bundesfinanzhof.
bensmittelpreise, etwas an Dynamik verloren hat, so Die Kläger, übrigens ein Ehepaar aus Bayern,
ist doch jedem von uns klar, dass es (erst mal) kein beriefen sich auf das Auslaufen des Solidarpakts 3. Rentner:
Zurück zum Niveau vor Februar 2022 geben wird. II und damit der Aufbauhilfen für die neuen Bun- Steuerfreiheit für den Grundrentenzuschlag
Die inflationsgetriebene kalte Progression be- desländer im Jahr 2019 sowie die damit zusam- - Aber zum Teil in Erklärung 2021 und 2022
lastete die Steuerzahlenden laut ifo Institut im ver- menhängende Neuregelung des Länderfinanz- falsch
gangenen Jahr mit ca. 11 Milliarden Euro. Auf- ausgleichs. Der Solidaritätszuschlag dürfe als Er-
grund der damit verbundenen geringeren steuer- gänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfs- Seit dem 1.1.2021 gibt es eine Grundrente für lang-
lichen Beschäftigungsanreize blieben dem Staat so spitzen erhoben werden. Sein Ausnahmecharakter jährige Versicherung in der gesetzlichen Renten-
Mehreinnahmen von 9,3 Milliarden Euro. . verbiete eine dauerhafte Erhebung. Auch neue Zu- versicherung. Hierbei handelt es sich nicht um
eine neue Rentenart, sondern lediglich um ei-
Die zusätzliche Steuerlast haben vor allem die Mit- satzlasten, die etwa mit der Coronapandemie oder nen Zuschlag zur gesetzlichen Rente. Die Ermitt-
telschicht und höhere Einkommen getragen. Ohne dem Ukraine-Krieg einhergingen, könnten den So- lung des individuellen Grundrentenzuschlags er-
Ausgleich kostete die kalte Progression die Privat- lidaritätszuschlag nicht rechtfertigen. folgt nach einer gesetzlich festgelegten Berech-
haushalte im Jahr 2022 durchschnittlich knapp 325 Der BFH ist dem Antrag allerdings in seiner Ent- nungsmethode. Zur Feststellung des Grundren-
Euro. Die obersten 10 Prozent der Einkommen zahl- scheidung vom 17.1.2023) nicht gefolgt. Zwar kön- tenbedarfes findet eine Einkommensprüfung
ten fast 1.000 Euro mehr Einkommenssteuern (inkl. ne eine Ergänzungsabgabe dann verfassungswid- statt. Übersteigt das Einkommen gesetzlich festge-
Solidaritätszuschlag). Die obere Mittelschicht - Steu- rig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für ihre legte Einkommensfreibeträge, findet eine Kürzung
erzahlende, die rund 60.000 Euro zur Verfügung ha- Einführung maßgeblich waren, grundsätzlich än- des Grundrentenzuschlags statt. Ein dem Grunde
ben - trug im Verhältnis zu ihrem durchschnittlichen dern oder wenn eine dauerhafte Finanzierungslü- nach bestehender Anspruch auf einen Grundren-
Jahreseinkommen die höchste Last. cke entstanden ist. Der Bund habe allerdings schlüs- tenzuschlag kann auf Grund der Einkommensprü-
Für 2023 gleiche das neue Inflationsausgleichsge- sig dargelegt, dass 2020 und 2021 nach wie vor ein fung daher der Höhe nach in den einzelnen Jah-
setz die Steuerbelastung der Haushalte durch die wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf be- ren variieren. - Mit der Einführung des Grundren-
kalte Progression zwar nahezu aus, sagt ifo-Präsi- stand, der unter anderem im Bereich der Rentenver- tenzuschlags wurde das Ziel verfolgt, das Vertrau-
dent Clemens Fuest. Dies kompensiere aber nicht sicherung und des Arbeitsmarkts gegeben war. An- en in das Grundversprechen des Sozialstaates auf
die verbleibende Steuerbelastung durch die Inflati- gesichts der Bewältigung einer Generationenauf- Absicherung und in die Leistungsfähigkeit der ge-
on des Vorjahres 2022. gabe ist der lange Erhebungszeitraum aus Sicht des setzlichen Rentenversicherung zu stärken. Vor die-
Ökonomisch sinnvoller als ein reiner Inflationsaus- BFH noch im Rahmen. sem Hintergrund sollte auch aus steuerlicher Sicht
gleich wäre nach Ansicht der ifo-Forschenden der Ab 2021 werden nur noch höhere Einkommen mit sichergestellt werden, dass der die Lebensleistung
automatische Ausgleich der kalten Progression Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Un- der berechtigten Person anerkennende Grundren-
über einen „Tarif auf Rädern“, bei dem sich die Eck- gleichbehandlung sei jedoch aus sozialen Gesichts- tenzuschlag nicht geschmälert wird.
- 30 - B16 aktuell März 2023

