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Steuerrecht
Neues aus dem Steuerrecht
In unserem letzten Artikel für dieses Jahr befas- 31.12.2021 herabgesetzt, wenn der Betrieb nach Durchschnittlicher Gewerbesteuer-Hebesatz nahe-
sen wir uns wieder mit aktuellen Themen „rund dem 30.9.2021 Kurzarbeit eingeführt hat: zu unverändert.
um das Steuerrecht“. Man könnte fast sagen, leider Die Zahl der Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall Die von den Gemeinden festgesetzten Hebesätze
noch immer sehr „coronalastig“, aber wir geloben betroffen sein müssen, bleibt für diese Betriebe von zur Gewerbesteuer sowie zur Grundsteuer A und
Besserung im kommenden Jahr, wenn das täg- mindestens einem Drittel auf mindestens 10 Pro- B entscheiden maßgeblich über die Höhe ihrer
liche Leben hoffentlich weniger von dem Thema zent abgesenkt und Realsteuereinnahmen. 2020 lag der durchschnitt-
vereinnahmt wird. Oder vielleicht kommt es doch liche Hebesatz aller Gemeinden in Deutschland
ganz anders, denn ohne, dass das sarkastisch klin- auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor für die Gewerbesteuer bei 400 Prozent und damit
der Gewährung von konjunkturellem Kurzarbeiter-
gen sollen, irgendwann werden die Sozialversiche- geld und Saison-Kurzarbeitergeld wird weiter voll- 2 Prozentpunkte unter dem des Vorjahres. Bei der
rungsträger und auch der (Steuer) Gesetzgeber mit ständig verzichtet. Der Zugang von Leiharbeitneh- Grundsteuer A stieg der Hebesatz 2020 gegen-
Lösungen um die Ecke kommen müssen, wie die merinnen und Leiharbeitnehmern zum Kurzarbei- über 2019 um 3 Prozentpunkte auf durchschnitt-
Ausgaben der Pademie refinanziert werden sol- tergeld bleibt bis zum 31.12.2021 auch dann eröff- lich 345 Prozent. Der durchschnittliche Hebesatz
len und da ist der zusätzliche finanzielle Aufwand net, wenn der Verleihbetrieb nach dem 30.9.2021 der Grundsteuer B nahm gegenüber 2019 eben-
für den Klimawandel ja noch gar nicht eingepreist. Kurzarbeit eingeführt hat. Den Arbeitgebern wer- falls bundesweit um 3 Prozentpunkte zu und lag im
Die Wahl ist rum, die Parteien befinden sich mitt- den die Sozialversicherungsbeiträge über Septem- Jahr 2020 bei 478 Prozent.
lerweile in Koalitionsverhandlungen. Mal sehen, ber 2021 hinaus bis zum 31.12.2021 weiter voll und
wer am Ende welches Amt bekleiden wird und was auch dann erstattet, wenn mit der Kurzarbeit erst Corona-Teil 4:
im kommenden Jahr dann an (steuerlichen) Ände- nach dem 30.9.2021 begonnen wird. Keine Miet- und Pachtminderung bei
rungen auf Sie und uns zukommen wird. coronabedingter Schließung
Mal sehen, wie oft hier noch eine Verlängerung Die in der hessischen Verordnung zur Bekämp-
Corona-Teil 1: notwendig ist. fung des Corona-Virus angeordneten Beschrän-
S.g. pandemiebedingte Umsatzausfälle kungen für Einzelhandelsgeschäfte und Gaststät-
Corona-Teil 3:
Vielleicht haben auch Sie sich diese Frage schon Deutlich weniger ten begründen weder einen zu Minderung berech-
einmal gestellt, welche Umsatzeinbrüche durch die Gewerbesteuereinnahmen 2020 tigenden Mangel der Räumlichkeiten noch führen
Pandemie ausgelöst wurden. Zur genauen Höhe sie zur Unmöglichkeit der vom Vermieter oder Ver-
der pandemiebedingten Umsatzausfälle des Ein- Eigentlich logisch, aber dennoch, um Ihnen hier pächter geschuldeten Leistung. Ob eine Anpas-
zelhandels und der Gastronomie liegen der Bun- mal eine grobe Richtung zu geben, was die Schlie- sung des Vertrages wegen einer schwerwiegenden
desregierung nach eigener Aussage keine ßungsanordnungen und auch coronabedingten Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmen ist,
Kenntnisse vor. Nach Berechnungen des Statisti- Umsatzrückgänge für Auswirkungen haben. ist unter Berücksichtigung der Umstände des
schen Bundesamtes ist der durchschnittliche Mo- Die Gemeinden haben 2020 rund 45,3 Milliarden Einzelfalles zu entscheiden, so das Oberlandesge-
natsumsatz von März 2020 bis einschließlich Febru- Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer er- richt (OLG) Frankfurt am Main.
ar 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im Ein- zielt. Dies bedeutet ein Minus von rund 10,1 Milli- Zum Sachverhalt: Im ersten Fall betrieb die Kläge-
zelhandel insgesamt um 3,9 % und in der Gastro- arden Euro beziehungsweise 18,2 Prozent gegen- rin in Frankfurt als Teil einer bundesweiten Ket-
nomie insgesamt um 41,2 % eingebrochen, heißt über dem Vorjahr, teilt das Statistische Bundesamt te ein Sushi-Restaurant. Sie hatte die Räume von
es in der Antwort der Regierung. Eine aus unserer mit. dem Beklagten gemietet. Im Zusammenhang mit
Sicht „interessante Antwort“. Gefühl, zumindest in Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Unter- den hessischen Verordnungen zur Bekämpfung
Mandantenkreis liegt die Zahl deutlich höher, aber nehmen in Deutschland haben sich somit auch des Corona-Virus konnte das Lokal zeitweilig nicht
das ist natürlich nicht repräsentativ. bei der Gewerbesteuer deutlich bemerkbar ge- betrieben werden. Die Klägerin begehrt die Fest-
macht. Dabei lag das Gewerbesteueraufkommen stellung, dass sie während der Zeit der behörd-
Corona-Teil 2: in allen Bundesländern unter dem des Vorjahres. lichen Beschränkungen nicht zur vollen Mietzins-
Verlängerung der Kurzarbeitergeldverordnung
Den höchsten Rückgang bei den Flächenländern zahlung verpflichtet gewesen ist. Das Landge-
Mit der Vierten(!) Verordnung zur Änderung der verzeichneten Nordrhein-Westfalen mit 19,8 Pro- richt hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen
Kurzarbeitergeldverordnung werden bis zum zent und Sachsen mit 19,1 Prozent. Bei den Stadt- gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG kei-
31.12.2021 die Erleichterungen beim Zugang zum staaten hatte Hamburg mit 32,2 Prozent das stärk- nen Erfolg:
Kurzarbeitergeld, die bisher auf Betriebe begrenzt ste Minus gegenüber 2019. Begründung: Die Klägerin kann nicht Minderung
waren, die die Kurzarbeit bis zum 30.9.2021 ein- Aber etwas erfreuliches gibt es auch für den Fis- der Miete verlangen. Die Mietsache ist nicht man-
geführt haben, auf alle Betriebe unabhängig vom kus zu vermelden: Grundsteuereinnahmen leicht gelhaft gewesen. Der Vermieter schuldete allein
Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit ausge- im Plus. die Möglichkeit, in den überlassenen Räumen ei-
weitet und die volle Erstattung der Sozialversiche- nen Geschäftsbetrieb mit dem konkret vereinbar-
rungsbeiträge bis zum 31.12.2021 verlängert, so Die Einnahmen aus der Grundsteuer A, die bei Be- ten Zweck führen zu können. Er schuldete dagegen
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. trieben der Land- und Forstwirtschaft erhoben nicht die Überlassung des Betriebs selbst. Das sog.
wird, betrugen 2020 insgesamt 0,4 Milliarden Euro.
Die Verordnung regelt im Einzelnen: Dies war gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um Verwendungsrisiko trägt vielmehr der Mieter. Dem
Die Voraussetzungen für den Zugang zum 0,8 Prozent. Über die Grundsteuer B (für Grund- Vermieter ist die von ihm geschuldete Leistung
Kurzarbeitergeld bleiben auch dann bis zum stücke) nahmen die Gemeinden im Jahr 2020 ins- auch nicht unmöglich geworden. Er hat weiter-
gesamt 14,3 Milliarden hin die Räumlichkeiten in einem zum vertragsge-
Euro ein und damit 1,7 mäßen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen.
Prozent mehr als 2019. Schließlich kann auch keine Herabsetzung des
Insgesamt erzielten die Mietzinses wegen einer schwerwiegenden Stö-
Gemeinden in Deutsch- rung der Geschäftsgrundlage verlangt werden. Die
land im Jahr 2020 Ein- Folgen der Corona-Pandemie führten zwar zu einer
nahmen aus den Re- solchen schwerwiegenden Störung. Es kann davon
alsteuern (Grundsteu- ausgegangen werden, dass die Parteien bei Kennt-
er A beziehungsweise nis einer solchen Pandemie eine zeitweise Miet-
B und Gewerbesteuer) minderung vereinbart hätten. Hier ist aber nicht
von rund 60 Milliarden feststellbar, dass der Mieterin unter Berücksichti-
Euro. Gegenüber 2019 gung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten
ist dies ein Rückgang am unveränderten Vertrag unzumutbar ist. Zu be-
um 9,8 Milliarden Euro rücksichtigen ist dabei maßgeblich die vertragliche
beziehungsweise 14,1 und/oder gesetzliche Risikoverteilung, wonach
Prozent. das Verwendungsrisiko den Mieter trifft. Beacht-
lich sind zudem die wirtschaftlichen Verhältnisse
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