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Natur
wir Menschen sie nicht mehr wahrnehmen“, sagt
Raimund Schoberer. Es überleben im Herbst nur die
begatteten Jungköniginnen, die sich für den Winter
einen geschützten Unterschlupf suchen. Folgende
Tipps können das friedliche Zusammenleben von
Menschen und Hornissen erleichtern:
• Entspannt bleiben: Hornissen sind scheue Tiere.
Außerhalb ihres Nestbereichs gehen sie Konfron-
tationen gerne aus dem Weg. Verfliegt sich eine
Hornisse nachts in ein Haus, kann man das Tier
durch Ausschalten des Lichtes und weites Öffnen
der Fenster leicht zum Wegfliegen bringen.
• Nester in Ruhe lassen: In einem Bereich von
etwa vier Meter um das Nest reagieren Hornissen
auf Störungen empfindlich und können angrei-
Hornisse Fotograf: © Johannes Selmansberger fen. Hält man sich an diese „Ruhezone“, kann man
den Hornissen bei ihrer interessanten Arbeit zu-
Oft missverstanden – Hornissen sind friedliche Insektenjäger schauen.
• Umsiedlung nur in Notfällen: Da natürliche
Hornissen sind tolerante und friedfertige Tiere. Allen pen oder Hornissen allergisch. Wer sich hier nicht Nistmöglichkeiten wie Höhlen in großen Laub-
gruseligen Legenden zum Trotz: Ihr Stich ist nicht sicher ist, sollte das fachärztlich prüfen lassen. Das bäumen an Waldrändern vielerorts fehlen, nutzen
gefährlicher als ein Bienen- oder Wespenstich. Al- Gute: Bei Hornissen muss man beim Frühstück im Hornissen auch Dachböden, Scheunen oder Vo-
lergiker müssen trotzdem vorsichtig sein, da auch Freien keine Angst haben, dass sich das Tier auf das gelnistkästen. Die Riesenbrummer sind selbst in
Hornissenstiche zu einer allergischen Reaktion füh- Marmeladenbrot setzt. Hornissen haben kein Inter- der unmittelbaren Nähe von Häusern friedliche
ren können. Glücklicherweise meiden Hornissen esse an Süßem. Deshalb kommt ein Stich im Mund Nachbarn und Untermieter. „Da ein Hornissenvolk
Menschen wo es geht. Wirklich gefährlich sind sie und Rachen auch kaum vor. im Herbst stirbt, sollte jeder Gartenbesitzer bis zu
nur für andere Insekten oder Raupen, die für die Er- Das schmeckt ihnen diesem Zeitpunkt warten und erst dann das Nest
nährung des Nachwuchses besonders wichtig sind. entfernen“, erklärt Raimund Schoberer. Nur wenn
An Kuchen oder zuckersüßer Limo haben sie da- Die dicken Brummer sind geschickte Jäger. Auf sich der Bau an einer nicht tolerierbaren Stelle be-
gegen kein Interesse – leider wissen das nur wenige. ihrem Speiseplan stehen Fliegen, Bremsen, Motten findet, kann man über eine Umsiedlung nachden-
und auch Wespen, Bienen oder Libellen – daher die
Da Hornissen oft missverstanden werden, klärt der Bezeichnung „Insektenjäger“. Gejagt wird meistens ken. Hierfür braucht man aber Spezialisten. Rat-
BUND Naturschutz auf und gibt Tipps zum Umgang im Flug – Tag und Nacht. Deshalb landen Hornissen schläge gibt die zuständige Naturschutzbehörde
mit den Tieren im Garten. des Landkreises oder der Stadt.
bei geöffnetem Fenster nachts auch mal im Haus.
Eine Hornisse ist drei bis vier Zentimeter lang und Künstliches Licht irritiert sie nämlich. „Hornissen Hornissen stehen unter Naturschutz
damit die größte staatenbildende Wespenart Mit- sind rund-um-die-Uhr aktiv. Das ist auch nötig, da Die Riesenwespen sind durch ihre Lebensweise
teleuropas. Und ja, sie sticht auch zu, wenn sie sich ein großes Hornissen-Volk täglich ein halbes Kilo eine Art Naturpolizei im Ökosystem und besitzen
bedroht oder bedrängt fühlt. „Der Stich einer Hor- Insekten vertilgt und die Larven ständig gefüttert eine bedeutende Rolle für natürliche Regulations-
nisse ist nicht gefährlicher als der einer Honigbiene, werden müssen“, erklärt Raimund Schoberer. Die prozesse bei Insekten. Umso erschreckender ist die
einer Hummel oder einer herkömmlichen Wespe“, Beutejagd dient also weniger der eigenen Ernäh- Tatsache, dass Hornissen kaum noch Lebensräume
versichert Raimund Schoberer vom BUND Natur- rung, sondern vielmehr der Brutpflege. Erwachsene in unserer Gegend finden. Verantwortlich dafür sind
schutz Regensburg. „Dass Hornissen Menschen Arbeiterinnen fressen fast nur Kohlenhydraten, also die intensiv genutzten Landschaften, artenarme
und Pferde mit wenigen Stichen töten können, Pflanzensäfte von Fallobst und Baumrinden, Nektar Nadelwälder, Abholzung alter und hohler Bäume,
ist wissenschaftlich widerlegt. Das Gerücht hält von Blüten oder Honigtau der Blattläuse. die Ausbringung von Pestiziden und der Rückgang
sich leider hartnäckig, doch an der Behauptung ist Zusammenleben: Hornissen und Menschen natürlicher Beutetiere. Hornissen zählen zu den be-
nichts dran“, so Raimund Schoberer weiter. Gefähr- sonders geschützten Tierarten und werden durch
lich ist ein Stich nur im Mund- oder Rachenraum, Ein Zusammenleben mit den Riesenwespen ist gar das Bundesnaturschutzgesetz rechtlich geschützt.
aber nicht wegen des Giftes, sondern weil dort eine nicht so kompliziert und erledigt sich im Herbst von Sie dürfen nicht getötet und ihr Nest nicht zerstört
Schwellung das Atmen behindern kann. Besonders selbst. Wichtig zu wissen: Ein Hornissenjahr beginnt werden. Wer Probleme mit den Tieren hat, muss
aufpassen müssen Allergiker, denn sie können auf je nach Witterung zwischen April und Mai, findet einen Experten kontaktieren“.
bestimmte Eiweißkörper reagieren, die im Gift von ihren Entwicklungs-Höhepunkt im August und Text: BUND Naturschutz
Hornissen enthalten sind. Personen mit einer Bie- endet im Oktober. „Bis zum November schafft es
nengiftallergie sind nicht automatisch gegen Wes- kaum ein Volk, und wenn, dann so dezimiert, dass
B16 aktuell August 2021 - 41 -

