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Kleintierpraxis
Weihnachten 2020, das Jahr mit dem großen C.
Ja is den scho wieder Weihnachten? hab ich einen Freund im Wald getroffen, den hab ich die Idee haben viele gehabt, Gastronomen waren
Langsam versteh ich den Kaiser beziehungsweise auf Anhieb gleich gar nicht erkannt. Man ist so ruhig, sicher keine da, weil denen is ja das Geschäft zuge-
seine Sprüche, es überrascht einen nicht mehr, wie so ganz getschillt, nix passiert mehr, als ob man in sperrt worden. Meine Meinung is, dass die meisten
schnell alles geht, weil, Du darfst eins nicht verges- Aspik lebt. Das Tolle ist, Du kannst unendlich viel Zeit da waren, weil ihnen die anderen Menschen fehlen.
sen, alle werden älter und da kriegst Du schon eine mit der besten Ehefrau von allen verbringen, Kinder Mir auch. Du darfst eins nicht vergessen, der Mensch
gewisse Routine im Zeit verbrauchen. sind ja alle weg. Da hab ich ja früher immer das Ge- ist ein äußerst soziales Wesen, auch die Oaschlecha,
fühl gehabt, dass unsere gemeinsame Zeit viel zu er sucht seinesgleichen und unterhält sich gern,
Trotzdem stellt man mit einer gewissen zarten Ver- kurz kommt. Komischerweise schickt Sie mich aber lacht, isst oder weint miteinander.
wunderung fest, dass es tatsächlich so schnell geht. in letzter Zeit immer mit dem Hund in den Wald,
Weil das Bittere ist, jede Stunde die verrinnt, ist auch manchmal sogar zweimal am Tag. Letztes Mal hab Beim Bummeln durch die Stadt hat man früher min-
Deine Lebenszeit. Jetzt käme wieder der übliche ich gehört, wie Sie gemurmelt hat „So was von un- desten 4-5 Freunde getroffen und mit jedem hat
Sermon von mir, dass Weihnachten, das Fest der Lie- leidig ...“ Wahrscheinlich hat sie den Hund gemeint. man einen Ratsch rausgehaut. Oder man ist sogar
be und der Familie zu einem grellbunten Kaufrau- Den Keller, den Garten und die Garage, alles ist tip in ein Kaffee gegangen und hat das Ganze verlän-
schfestival verkommen ist, mit einer rasenden Ge- top, sogar das Glasdach auf der Terrasse ist geputzt. gert. DAS fehlt mir wirklich. Die jungen Menschen,
schwindigkeit vorbeifl iegend. --FALSCH--
In der Küche hab ich die Vorräte und das Besteck
Dieses Jahr is ois anders, wie der Tscharly seiner- sinnvoll umsortiert. Da war jetzt auch nicht direkt
zeit gesagt hat „Früher war ois anders und i glaub, eine dankbare Hochstimmung als Reaktion bei der
dass früher scheener war“. Da kann man jetzt als besten Ehefrau von allen zu bemerken. Wenn ich es
gealterter Mensch sagen „Schmarrn, ned scheener, mal so sagen darf, mir is es langweilig am Wochen-
aber anders.“ Weniger Arbeit, weniger Sorgen (auch ende. Der Mensch neigt ja zum Jammern, das tut er
nicht immer zutreffend) und meistens weniger gern, da kriegt er Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Geld. Heuer is es umgekehrt, es is tatsächlich ois an- Will ich aber nicht mehr, ich mein jetzt jammern, das
ders, man hat Zeit ohne Ende, ich hab sogar schon andere schon. Weil, wenn man dauernd die Jamme-
überlegt, ob ich Strohsterne basteln soll, oder solche rei über Corona und unser klägliches Dasein hört,
aus Stanniolpapier, welches auf einer Seite golden denkt man sich, gehts noch? - uns gehts sehr gut,
und auf der anderen rot war. Da haben wir das letzte nur unternehmen können wir nix mehr. (Da gibts
Mal als Kinder dran gesessen, weiß gar nicht, ob ich andere Berufszweige, denen es richtig schlecht
mich noch erinnern kann, wie es geht. geht). Das könnte man ja als Chance sehen, sein ha-
Stunden, Tage, sogar wochenlang den ganzen Ap- stiges Leben zu entschleunigen. Früher war man je-
fent durch. So ein Zeitgefühl hab ich jetzt auch. den Tag in der Apfentszeit wo anders. Aber jetzt, jetzt
Nicht nur, dass man nicht mehr in die Stadt muss, muss man nicht von einer Weihnachtseinladung zur
um sich mit Freunden in Restaurants oder Bars zu nächsten, keine Weihnachtsgala, kein Christkindl-
treffen, nein, auch alle Feste, Konzerte, Lesungen, markt, na ned einmal einen Glühwein gibts. Letzten
Vernissagen und sonstige Gelegenheiten des Zu- Samstag bin ich zum zweiten Mal in die Metro ge-
sammenseins bleiben einem erspart. Letztes mal fahren, um was einzukaufen, was ich nicht brauch,
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