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Kleintierpraxis
ne gut gemeinten Aktivitäten Hundeglück
ursächlich für das beklagte Ver- Allen Neu-Welpenbesitzern sei gesagt: Lasst es ru-
halten seines notorischen „Hans hig angehen.
Dampf“ sind, ist schon ein gro-
ßer Schritt in Richtung Besse- Gebt Euch und dem Fellzwerg gut ein Jahr, um
rung getan. Ab sofort wird das Euch und Euer Leben kennen zu lernen. Findet in
Programm auf maximal einen Ruhe heraus, woran Minihund Spaß hat, und hört
festen Kurstermin pro Woche Euch dann um, welches Sportangebot passend sein
eingekürzt. Zuhause gibt es kei- könnte. Beobachtet Euren Vierbeiner, wie er seiner
ne hektischen Dauerzerr- und Umwelt begegnet und seine Sozialkontakte knüpft
Wurfspiele mehr, sondern ge- und festigt. Natürlich soll er nicht seine Ausrüstung
zerkauen und mit sechs Monaten kann er schon
mütliches Beisammensein. Die Grundkommandos wie „Sitz“, „Fuß“ und „Komm“
eigentliche Herausforderung
von Nervenbündeln berichten, deren kaum noch besteht darin, dem schnell hochjazzenden Vier- ausführen. Spielzeug darf selbstverständlich auch
oder gar nicht mehr vorhandene Frustrationstole- beiner nicht nur zusätzlich tägliche Ruheeinheiten sein.
ranz auch ihre bemühten Menschen zunehmend „ohne alles“ zu verordnen, sondern dafür Sorge zu Vor allem: Lasst Euch nicht verrückt machen! We-
in den Wahnsinn treibt. tragen, dass diese auch konsequent eingehalten der vom Hund noch von wohlmeinenden Mitbür-
„Mein Hund kommt überhaupt nicht zur Ruhe!“ werden: Morgenspaziergang und Fütterung absol- gern, die der Meinung sind, „nur Spazierengehen“
lautet eine der am häufigsten verwendeten Formu- viert? Dann ab ins Körbchen, hinter das Welpengit- käme einer Vernachlässigung gleich. Nur keinen
lierungen. Was Wunder - er hat ja auch nie Zeit dazu. ter und mindestens eine Stunde Nichtstun. Gejieper Stress! Der Zwerg hat nämlich schon genug zu tun:
Obwohl er es könnte, wenn man ihn erst einmal ge- und Gejaule konsequent ignorieren. Nötigenfalls Er wächst. In seine Felljacke hinein und in Euer ge-
lassen hätte. In Ruhe gelassen hätte! Denn Fressen, mit Ohrenstöpseln aussitzen, aber den Hund nicht meinsames Leben. Alles braucht seine Zeit. Zeit für
Saufen, Verdauen, Toben und ausgiebiges Abhän- im Raum allein lassen, schließlich soll dieser in Ge- Euch und einen Hund im Glück.
gen gehören eigentlich zum gut ausgewogenen genwart seines Menschen zur Ruhe kommen und Jetzt wünsch ich allen Lesern
Starterprogramm, mit dem Minihund seinen Weg dessen Nichtreaktion annehmen lernen. „Ich, dein ein gemütliches und zufriedenes
ins Leben antritt. Herausgerissen aus diesem ent- Mensch, bin da, aber ich spring nicht gleich auf, nur, Weihnachten und schöne Feiertage,
spannten Modus und mit immer neuen Bewe- weil du das jetzt so willst.“ schließlich auch noch ein
gungsreizen konfrontiert, werden die vierbeinigen Der Mensch muss noch weitere Ruhezeiten pro Tag gesundes neues Jahr,
Neuankömmlinge zu schnell überdrehenden und festlegen, die dem Aktivitätsrhythmus der Familie
stressanfälligen Hektikern, die teilweise sogar ver- entsprechen - und nicht umgekehrt das Zweibei- Ihr Christian Cronenberg
stärkt aggressiv nach permanenter Beschäftigung nerleben auf jede noch so kleine Gefühlsregung
verlangen.
des Fellterroristen ausrichten. Denn dieser muss
Abschalten und aushalten kapieren: „Wenn ich penne, verpasse ich nichts.
Hat der Zweibeiner erst einmal akzeptiert, dass sei- Man wird mir schon sagen, wenn´s für mich ist.“
Wir drücken die
Daumen all jenen,
die jetzt ein paar
Gänge runter schal-
ten müssen, damit
sie endlich ein rund-
um entspanntes
Mensch-Hund-Team
werden.
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