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Steuerrecht



                                            Neues aus dem Steuerrecht


       In unserem Artikel für diesen Monat befassen wir   könnten aber davon betroffen sein.  Bisher hat die Finanzverwaltung bei der Ermittlung
       uns wieder mit aktuellen Themen „rund um das   Bundesfinanzminister Scholz begrüßte das Urteil   der steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse zusätz-
       Steuerrecht“, da das Leben wieder etwas an „Nor-  und kündigte an, zu Beginn der nächsten Legisla-  lich den allgemeinen steuerlichen Grundfreibetrag
       malität“ gewinnt, dieses Mal auch nicht mehr   turperiode eine Steuerreform auf den Weg zu brin-  berücksichtigt. Dies hatte zur Folge, dass auch für
       ganz so Coronalastig..              gen, die die Vorgaben des BFH erfüllt und auch in   die Prognosen der nächsten Rentnergenerationen
       1. Versicherungsschutz im Homeoffice   Zukunft eine „doppelte Besteuerung“ von Renten   die voraussichtlich zufließenden steuerfreien Ren-
       Unseren letzten Artikel haben wir mit dem Thema   vermeidet.             tenteilbeträge in der Regel höher ausfielen, als die
                                                                                Summe der aus versteuertem Einkommen gelei-
       „Heimarbeit“ beendet, dieses Mal fangen wir da-  Hintergrund des Urteils ist, dass seit 2005 das Sys-  steten Beiträge. Daher war eine „Doppelbesteue-
       mit an.                             tem der Besteuerung der gesetzlichen Rente um-  rung“ nicht anzunehmen.
       Der Bundesrat hat Ende Mai 2021 in verkürzter   gestellt wird. Auslöser für diese Umstellung war das   Der  Bundesfinanzhof  hat nun  entschieden,
       Frist das Betriebsrätemodernisierungsgesetz gebil-  Bundesverfassungsgericht, das 2002 den Gesetz-  dass der Grundfreibetrag nicht in die Berech-
       ligt, das insbesondere der Abnahme der Zahl von   geber zu einer Änderung verpflichtet hatte. Denn   nungen einfließen dürfe. Aufgrund der neuen
       Betriebsratsgremien entgegenwirken soll. Dieses   während  Beamte  ihre Pensionen  voll  versteuern   Vorgabe ermittelt sich der steuerfreie Teil der Ren-
       Wortungetüm enthält auch  Verbesserungen für   müssen, war bei der gesetzlichen Rente nur der   te  im Wesentlichen  aus  dem  gesetzlich  vorgese-
       das Arbeiten im Homeoffice.          sog. Ertragsanteil zu versteuern. Dieser bemaß sich
                                           nach dem Alter  der Rentner und bezog sich auf   henen Rentenfreibetrag unter Berücksichtigung
       Anders als bislang beschränkt sich der Unfallversi-  etwa 27 bis 35 % der Rentenzahlung, die der Ein-  der voraussichtlichen Laufzeit der Rente. In der Fol-
       cherungsschutz bei der Heimarbeit künftig nicht   kommenssteuer unterlagen. Diese Umstellung hat   ge dieser neuen Vorgabe sinkt der steuerfreie Ren-
       mehr auf so genannte Betriebswege, etwa zum   zu Sorgen und auch Klagen geführt, da in bestimm-  tenbetrag ab, wodurch eine „Doppelbesteuerung“
       Drucker in einem anderen Raum, sondern wird auf   ten Fällen eine „Zuvielbesteuerung“ vermutet wird   in Zukunft für weitere Gruppen wahrscheinlicher
       Wege im eigenen Haushalt zur Nahrungsaufnah-  – also eine Besteuerung sowohl der Rentenauszah-  wird.
       me oder zum Toilettengang ausgeweitet.
                                           lung als auch eine Besteuerung des Einkommens,   Auch bei fiktiver Anwendung dieser neuen Berech-
       Darüber hinaus wird er bei Homeoffice-Tätigkeit   aus dem zuvor die Einzahlungen in die Rentenkas-  nungsgrundsätze auf die konkret vom Gericht zu
       auch auf Wege ausgedehnt, die die Beschäftigten   se geleistet werden.   entscheidenden  Fälle ergibt sich  keine „doppelte
       zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurückle-  In den nun abgeschlossenen  Verfahren ging es   Besteuerung“. Für den überwiegenden Teil der jet-
       gen. Zu Förderung mobiler Arbeit und zum Schutz   lediglich  um bisher noch  nicht höchstrichterlich   zigen Rentner wird keine „doppelte Besteuerung“
       der Arbeitnehmer im Homeoffice wird ein neues   entschiedene Fragen zur Berechnung der „dop-  festzustellen sein. Anders könnte das für zukünftige
       Mitbestimmungsrecht zur Ausgestaltung mobiler   pelten Besteuerung“. Der BFH hat bestätigt, dass   Rentenjahrgänge aussehen: Der steuerfreie Teil der
       Arbeit eingeführt.                                                       Rentenzahlungen wird in den nächsten Jahren ste-
                                           die aktuelle Regelung der nachgelagerten Besteu-
                                           erung der Rente verfassungskonform ist. Allerdings   tig abnehmen, bis 2040 die gesamte Rente zu ver-
       2. Rentenanpassung 01.07.2021: Ost + 0,72 %   könnte sich für spätere Rentenjahrgänge – zumin-  steuern ist. Die Beiträge zur Rentenversicherung
                                                                                sollen allerdings bisher erst ab 2025 vollständig
       und West Nullrunde                  dest für einige Personengruppen – bei gleichblei-
                                           bender Gesetzeslage eine Zuvielbelastung im Rah-  steuerfrei gestellt werden. Wenn die gesetzlichen
       Am 28.5.2021 hat der Bundesrat der jährlichen An-  men der Besteuerung ihrer Renten ergeben.  Rahmenbedingungen der Übergangsregelung un-
       passung der Rentenwerte zugestimmt, die die Bun-                         verändert blieben, könnte sich also eine Doppelbe-
       desregierung am 27.4.2021 beschlossen hatte.  Erstmals hat das oberste Finanzgericht konkrete   steuerung ergeben. Somit besteht Handlungsbe-
                                           Berechnungsparameter für eine etwaige „dop-
       Danach erhöht sich der Rentenwert Ost zum   pelte Besteuerung“ von Renten festgelegt. Um   darf, um eine zukünftige Zuvielbesteuerung von
       1.7.2021 von 33,23 auf 33,47 Euro - das entspricht   eine „Doppelbesteuerung“ zu vermeiden, werden   Renten in jedem Fall zu vermeiden.
       einer Steigerung um 0,72 Prozent. Für den Renten-  schon bisher zwei Zahlen miteinander verglichen:   Die Urteile schaffen Rechtssicherheit für Rentner,
       wert West gibt es dieses Jahr keine Erhöhung: Der   Auf der einen Seite die Einzahlungen in die Ren-  Verwaltung und Steuerzahler. Eine Doppelbesteu-
       aktuelle Rentenwert von 34,19 Euro bleibt beste-  tenkasse, die aus dem bereits versteuerten Einkom-  erung von Renten darf es nicht geben. Dies gilt so-
       hen.                                                                     wohl für heutige wie auch für künftige Rentnerge-
                                           men erfolgt sind und für die daher bereits eine Ver-
       Hintergrund ist, man glaubt es kaum, die Corona-  steuerung erfolgte. Und auf der anderen Seite der   nerationen. Eine mögliche  „Doppelbesteuerung“
       Pandemie, die negative Auswirkungen auf die Loh-  Teil der Rente, der steuerfrei ausgezahlt wird. Da-  könnte z.B. vermieden werden, indem die für 2025
       nentwicklung hat - die wiederum Grundlage für   bei wird die jährliche Rentenzahlung mit der statis-  geplante vollständige Absetzbarkeit der Einzah-
       die jährliche Rentenanpassung ist. Eigentlich kann   tischen Lebenserwartung multipliziert, um die bei-  lungen in die Rentenkasse während der Erwerbs-
       man an dieser Stelle nur sagen, trotzdem „Glück   den Summen vergleichen zu können. Dies ist der   phase vorgezogen wird.
       gehabt“. Nach den vom statistischen Bundesamt   Rentenfreibetrag, ein fester Eurobetrag, der einmal
       gemeldeten Bruttolöhnen und -gehältern des Vor-  festgesetzt wird und bis zum Ende des Rentenbe-
       jahrs müssten die Rentenwerte eigentlich sogar   zugs gleich bleibt. Wenn dieser Rentenfreibetrag   4. BMF: Gewinnerzielungsabsicht bei klei-
       sinken. Die seit 2009 gesetzlich verankerte Renten-  höher ist als die Summe aller Beiträge, die aus dem   nen Photovoltaikanlagen und vergleichbaren
       garantie verhindert allerdings Rentenkürzungen -   versteuerten Einkommen während des Erwerbsle-  Blockheizkraftwerken
       daher bleiben die Westrenten unverändert.  bens in die Rentenkas-        In  Abstimmung mit  den  obersten  Finanzbehör-
       Die Erhöhung des Ost-Rentenwerts auf 97,9 Pro-  se eingezahlt wurden,
       zent des aktuellen West-Wertes entspricht den im   liegt  keine „Doppel-
       Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz festgelegten   besteuerung“ vor. Nur
       Anpassungsschritten,  wonach  sich die  Renten  in   wenn die steuerfrei
       Ost und West immer mehr angleichen.  ausgezahlte Rente in
                                           Summe niedriger ist als
                                           die eingezahlten Bei-
       3. BFH: Doppelbesteuerung der Renten- aber   träge aus dem versteu-
       passieren wird gleich erst mal noch nichts…
                                           erten Einkommen, ist
       Wir wollen an dieser Stelle noch nicht die ganze   eine „doppelte Besteu-
       Spannung nehmen, aber als ich das Urteil gele-  erung“ gegeben.
       sen habe dachte ich mir, die Überschrift klingt nach   Es  kommt daher zur
       mehr, als es dann tatsächlich ist. Heißt im Klartext,   Beantwortung der Fra-
       Renten werden weiterhin besteuert.
                                           ge, ob eine Doppel-
       Der BFH hat nämlich zunächst in einem Urteil die   besteuerung vorliegt,
       aktuelle Ausgestaltung der Rentenbesteuerung   insbesondere  darauf
       als verfassungskonform bestätigt.  Bisher liegt   an, wie hoch der steu-
       keine generelle  „doppelte Besteuerung“ von   erfreie Rententeil, der
       Renten vor, künftige Rentenjahrgänge ab 2025   Rentenfreibetrag,  ist.
       - 22 -   B16 aktuell  Juli 2021
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