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Kleintierpraxis
senzimmern saßen ganz normale, durchschnittlich sich und an ihrer Art, Un-
begabte Schüler. Das Ergebnis des Versuches war terrichtsinhalte zu vermit-
verblüffend: Die Lehrer mit den vermeintlich ta- teln – und hatten auf die-
lentierten Schülern waren mit den Leistungen ih- se Weise Erfolge. Ganz an-
rer Schüler zufrieden: Die Arbeiten fielen gut aus, ders war das bei den Leh-
die Schüler machten gute Forschritte. Ganz anders rern der vermeintlich „un-
sah das bei den Lehrern aus, an deren Unterricht talentierten“ Kinder: Sie
die angeblich langsam lernenden Schüler teilnah- gingen davon aus, dass
men: Die Testergebnisse fielen längst nicht so gut ein Verständnisproblem
aus, und die Fortschritte, die die Schüler machten, schlicht und einfach daran
bewiesen den Lehrern, dass sie es tatsächlich mit lag, dass sie es mit lang-
minder begabten Schülern zu tun hatten. Wie das sam lernenden Kindern zu
kam? Die Forscher fanden einen ganz erheblichen tun hatten, deren Fähigkeit,
Unterschied darin, wie die Lehrer aufgrund ihrer Unterrichtsstoff zu begrei-
Erwartungen lehrten: Die Lehrer der angeblich ta- fen, begrenzt war. Sie sahen
lentierten Kinder sahen jedes Problem der Kinder, sich nicht veranlasst, ihren
den Stoff zu verstehen, als Problem der Lehre an. Unterricht zu verändern – und die Ergebnisse fie- das, was wir an einem Hund als dumm, stur oder
Da die Kinder als intelligent galten, musste die ein- len entsprechend schlecht aus. Ein ähnliches Phä- faul bezeichnen, nichts mit seiner Intelligenz zu tun.
zig mögliche Erklärung für das Verständnisproblem nomen trifft wohl auch auf uns Hundebesitzer zu: Was wir dann wirklich meinen: Der Hund ist nicht
darin liegen, dass der Stoff nicht richtig vermittelt Wir Menschen gehen davon aus, dass bestimmte in Übereinstimmung mit uns und tut nicht das, was
worden war. Die Lehrer arbeiteten also verstärkt an Rassen besonders intelligent, dumm, stur oder faul wir von ihm erwarten. Der Fehler liegt unserer Mei-
sind. Und diese Erwar- nung nach meistens am dickköpfigen, „dominan-
tungen beeinflussen ten“ oder ungezogenen Hund – und nicht an un-
unser Handeln – und serem Umgang mit ihm. Wenn wir uns über die
unsere Erfolge, die wir mangelnde Lernfähigkeit unserer Hunde beklagen,
in der Zusammen- offenbaren wir Menschen damit im Grunde bloß,
arbeit mit unserem dass wir in unserem „Werkzeugkoffer“ noch nicht
Hund haben. Natür- das Lehrwerkzeug gefunden haben, das für un-
lich geht es nicht da- seren persönlichen Vierbeiner passend ist.
rum, tatsächlich exi- (Quelle: www.spass-mit-hund.de)
stierende rassespezi- Mit freundlicher Unterstützung von
fische Unterschiede zu
verleugnen, das wäre Mag. med. vet. Sandra Riederer
wohl ein wenig zu ein- geprüfte Tierpsychologin
fach! Aber meist hat geprüfte Tierhomöopathin (ATN)
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