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Steuerrecht




                                            Neues aus dem Steuerrecht

       Wir starten unseren letzten Artikel für diese Jahr   rungen, bzw. Erstattung stand auf dem Prüfstand.   müssen. Auch hier darf die Umsetzung in der Praxis
       mit 2 Drucksachen aus dem deutschen Bundes-  Es geht hier (immer wieder) um die Frage, ob die 6   abgewartet werden.
       tag, dann haben Sie mal einen kleinen Eindruck,   % noch dem aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ent-  4.   Krankheitskosten: Unfall nach Feier auf dem
       mit welchen Themen sich die Bundesregierung be-  spricht. Gemeint sind hier die seit Jahren andau-  Oktoberfest als Arbeitsunfall einzustufen?
       fasst.                              ernde Niedrigzinsphase.              Auch wenn das diesjährige Oktoberfest bereits vo-
       1.  Das Faktorverfahren - kaum relevant für die   Der Antrag der FDP wurde allerdings vom Finanz-  rüber ist, so fanden wir das Thema doch sehr interes-
         Praxis                            ausschuss dahingehend abgelehnt.     sant auch in Hinblick auf die noch folgenden (Volks)
       Das in der Lohnsteuerklasse IV mögliche Faktorver-  Nach dem Vorschlag der FDP sollte der Zinssatz nur   Feste. Das Urteil sollte man vielleicht eher mit einem
                                                                                Augenzwinkern betrachten. Der  „gesunde Men-
       fahren, mit dem Arbeitslohn entsprechend der tat-  noch ein Zwölftel des Basis-Zinssatzes im Sinne des   schenverstand“ mag vielleicht schon vorab erken-
       sächlichen Einkommensverhältnisse von Ehegatten   Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), mindestens aber   nen lassen, wie sich das Gericht entschieden hat,
       besteuert werden kann, wird in der Praxis kaum ge-  0,1 Prozent, betragen.   noch dazu, das kann man beim Oktoberfest durch-
       nutzt. Das Faktorverfahren solle eine Art Mittelweg   Für die Bundesregierung orientiert sich der   aus annehmen, da auch Alkohol im Spiel war. Aber
       zur Steuerklasse III/ V und IV/IV sein. Die Kombinati-  Nachzahlungszinssatz nicht an den Marktzinsen,   sehen Sie selbst.
       on III/V birgt häufig die Gefahr von Steuer-nachzah-  sondern an den Sätzen für Verzugs- und Überzie-
       lungen, da der Steuerpflichtige in der „schlechteren“   hungszinsen. Die vom BFH geäußerte Kritik werde   Im vergangenen Jahr hat das Sozialgericht Berlin ent-
       Steuerklasse IV in gewissem Sinne den unterjährig   nicht geteilt, erklärte die Regierung in der Sitzung.   schieden, dass der Besuch des Münchner Oktober-
       durch den in der Steuerklasse III befindlichen Ehe-  Die CDU/CSU-Fraktion empfahl, ein ausstehendes   festes im Kollegenkreis nur unter sehr engen Vo-
                                                                                raussetzungen eine  betriebliche Veranstaltung
       gatten „aufholen“ muss. Das ist häufig, vor allem bei   Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Nach-  im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar-
       großer Spreizung der Einkommen der beiden Steu-  zahlungszinssätzen abzuwarten. In diese Richtung   stellt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich
       erpflichtigen nicht möglich. Dem gegenüber ist die   argumentierte auch die SPD-Fraktion, die zusätz-  das hier beschriebene Urteil noch in Berufung befin-
       Kombination von IV/IV prädestiniert dafür, dass un-  lich darauf hinwies, dass der Nachzahlungszinssatz   det. Der zu entscheidende Fall sei hier kurz skizziert.
       terjährig die bezahlte (Lohn)steuer zu hoch ist und   in den ersten 15 Monaten gar nicht erhoben werde
       die Steuerpflichtigen dem Finanzamt unfreiwillig ein   und im übrigen auch auf Rückzahlungen von den Fi-  Der, aus Berlin stammende Kläger war von seiner Fir-
       zinsloses Darlehen geben.           nanzämtern Anwendung finde. Auch hier bleibt die   ma als Monteur bei einer Brauerei in München ein-
                                           weitere Entwicklung abzuwarten.      gesetzt. Wie jedes Jahr veranstaltete diese Brauerei
       Durch das Faktorverfahren, soll somit eine Möglich-                      auch im Jahr 2016 in ihrem Festzelt auf dem Okto-
       keit geschaffen werden, die Steuerlast unterjährig   3.  Schonfrist für elektronische Kassensysteme   berfest einen Brauereinachmittag. Eingeladen wa-
       einkommensabhängig auf die beiden Ehegatten zu   verlängert bis 30.9.2020  ren sowohl die Mitarbeiter der Brauerei als auch die
       verteilen.                          Im Vormonat wurde bereits ausführlich und zutref-  bei ihr tätigen Beschäftigten anderer Unternehmen.
       Zahlen aus dem Jahr 2018 belegen allerdings, dass   fend zu diesem Thema informiert. Daher werden wir   Der Kläger nahm mit weiteren Kollegen seiner Firma
       lediglich ca. 6 % der Steuerpflichtigen von dieser   hier nur kurz die seither eingetretene Neuerung the-  an der genannten Veranstaltung teil. Auf dem Heim-
       Kombination überhaupt Gebrauch machen.  matisieren.                      weg gegen 22 Uhr prallte er in angetrunkenem
       Auch wir stellen bei uns in der Kanzlei fest, dass das   Ab dem kommenden Jahr müssen Kassen und Kas-  Zustand gegen einen Strommast und brach sich
       doch ein absoluter Exotenfall ist.  sensysteme zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen   einen Halswirbel. Seinen Antrag auf Anerkennung
                                           vorsehen. Konkret heißt das, ab dem 1.1.2020 müs-  eines Arbeitsunfalls lehnte die zuständige Berufsge-
       Nach Angaben der Regierung wurde das Faktorver-  sen Kassen durch eine so genannte technische Si-  nossenschaft ab.
       fahren daher im Rahmen des Bürokratieentlastungs-  cherheitseinrichtung (TSE) geschützt sein, die be-
       gesetzes 2015 dahingehend vereinfacht, dass es   stimmte Vorgänge in der Kasse manipulationssicher   Nach Auffassung des Sozialgerichts setzt die Aner-
       nicht mehr jährlich beantragt werden muss, sondern   protokolliert. Ziel der Finanzverwaltung an dieser   kennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall vo-
       nur noch alle zwei Jahre. Außerdem werde nunmehr   Stelle ist es mögliche Steuerausfälle zu vermeiden.  raus, dass sich der Unfall auf dem Weg zu, oder von
       in den Steuerbescheiden gezielt über die Möglich-                        einer versicherten Tätigkeit ereignet hat. Zwar kön-
       keit der Steuerklasse IV/IV mit Faktor aufgeklärt. Ob   Am 25.09.2019 haben die Vertreter von Bund und   ne auch eine betriebliche Gemeinschafts-veranstal-
       sich dadurch der Prozentsatz erhöht lässt sich noch   Ländern während einer Sitzung eine  Übergangs-  tung, etwa ein Betriebsausflug, einer versicherten Tä-
       nicht einschätzen. Wir warten mal ab.  frist  für die Einrichtung von Kassen und anderen   tigkeit zugerechnet werden, erforderlich hierfür sei
                                           elektronischen Aufzeichnungsgeräten mit einer   aber, dass es der Arbeitgeber sei, der die Veranstal-
       2.   Zinssatz der Finanzverwaltung bleibt (vor-  (TSE)  bis  zum  30.9.2020 beschlossen. Diese  Frist   tung durchführe oder durchführen lasse und dass
         erst) bei 6 %
                                           gilt damit offenbar auch für die Meldung der Kassen   die Teilnahme aller Angehörigen des Betriebs, oder
       Eine weitere, seit langem in der Diskussion stehen-  und Aufzeichnungsgeräten an die Finanzverwal-  zumindest einer Abteilung erwünscht sei, um so den
       de Regelung zum Zinssatz von Steuernachforde-  tung, die eigentlich bis zum 31.1.2020 hätte erfolgen   so genannten Teamgedanken der Beschäftigten un-
                                                                                         tereinander zu fördern. An einem be-
                                                                                         trieblichen Zusammenhang fehle
                                                                                         wenn eines der drei im Urteil ge-
                                                                                         nannten Bereiche aus, Freizeit, Un-
                                                                                         terhaltung oder Erholung im Vorder-
                                                                                         grund stünden.
                                                                                         Hieran gemessen sei der  Brauer-
                                                                                         einachmittag schon allein deshalb
                                                                                         keine  betriebliche Veranstaltung
                                                                                         gewesen, da es bereits an der  Ver-
                                                                                         anstaltung durch den eigenen Ar-
                                                                                         beitgeber mangelt.
                                                                                         Es habe sich eher um ein „Incentive-
                                                                                         Event“ bzw. eine Motivationsveran-
                                                                                         staltung gehandelt. Es habe kein in-
                                                                                         nerer Zusammenhang zwischen
                                                                                         der versicherten Tätigkeit des Klägers
                                                                                         und seiner Teilnahme an dem Brauer-
                                                                                         einachmittag bestanden.
                                                                                         5.   Fortbildung: Kosten für den
                                                                                            begleitenden Ehegatten sind
                                                                                            nicht abziehbar
                                                                                         Bei beruflich veranlassten Auslands-
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