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Steuerrecht








                                                Aktuelles aus der Praxis:

       Wir  hoffen  Sie  und Ihre  Familien  konnten  ein   2. Midijob: Verkürzung des Übergangsbereichs  satzleistungen  sind vom  zuletzt  bezogenen  Net-
       paar erholsame Feiertage verbringen und sind   „Minijobs“ bis 520 Euro im Monat, siehe oben sind   toarbeitslohn abhängig. Diese fallen für Arbeitneh-
       gut in das Jahr 2024 gestartet. Auch in diesem   bekanntlich sozialversicherungsfrei und auch steu-  mer mit Steuerklasse V geringer aus, da durch den
       Jahr dürfen wir Ihnen wieder in einem zweimo-  erfrei. Im Anschluss daran ist der Verdienst bis zu   höheren Lohnsteuerabzug weniger Nettolohn ver-
       natigen Turnus Neuerungen rund um das Steu-  einer bestimmten Obergrenze, des sogenannten   bleibt. Dies gilt beispielsweise für die Berechnung
       errecht vorstellen. Nachfolgend finden Sie, wie   Übergangsbereichs, zwar sozialversicherungs- und   von Elterngeld, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld,
       gewohnt in einem ersten Teil stichpunktartig ein   steuerpflichtig,  doch bei den  Sozialabgaben  gibt   Mutterschaftsgeld und für weitere Lohnersatzlei-
       paar, aus unserer Sicht relevante Änderungen/  es eine geringere Belastung für Arbeitnehmer. Das   stungen.
       Neuregelungen, die vor allem die Lohnabrech-  sind die „Midijobs“. Diese Obergrenze lag bis Sep-
       nung und die Änderungen im Bereich der Ab-  tember 2022 bei 1.300 Euro, wurde zum 1.10.2022   4. Erhöhung des Grundfreibetrages
       züge aus Sozialversicherung betreffen und so-  auf 1.600 Euro erweitert und liegt seit dem 1.1.2023   Zum 01.01.2024 erhöht sich der Grundfreibetrag, ab
       mit für (fast) alle Arbeitnehmer und Arbeitneh-  bei  2.000  Euro.  Der  Übergangsbereich  lag  vom   dem Steuern zu bezahlen sind von 10.908 Euro auf
       merinnen relevant sind. Besonderheit ist dieses   1.10.2022 bis 31.12.2023 im Bereich von 520 Euro   11.604 Euro für ledige Steuerpflichtige. Für verhei-
       Mal, dass es vermutlich durch das Wachstum-  bis 2.000 Euro. Bei Überschreiten der Minijob-Gren-  ratete Paare gilt entsprechend der doppelte Betrag
       schancengesetz noch zu rückwirkenden Ände-  ze besteht Versicherungspflicht in der Renten-, Ar-  bis eine Steuerpflicht entsteht. Beträge sollen rück-
       rungen kommen wir, die aber bei Redaktions-  beitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung.   wirkend dann nochmals erhöht werden. Nach dem
       schluss noch nicht feststanden. Wir halten Sie   Doch im Übergangsbereich bis 2.000 Euro wer-  Entwurf des Wachstumschancengesetz soll es mög-
       dazu selbstverständlich auf dem Laufenden.  den die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von   licherweise im Laufe des Jahres 2024 zu einer noch-
                                           einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berech-  maligen rückwirkenden Erhöhung kommen.
       1 . Minijob: Erhöhung der Verdienstobergrenze
                                           net, und der Arbeitgeber muss mehr als die Hälfte   Zum Ausgleich  der s.g. kalten Progression und
       Eine geringfügige Beschäftigung (Minijob) liegt vor,   zahlen. Ab der Verdienstgrenze von 2 000 Euro wer-  zur Verhinderung einer schleichenden Steuererhö-
       wenn der Arbeitslohn seit Oktober 2022 nicht hö-  den die vollen Sozialabgaben fällig, die Arbeitgeber   hung werden die Eckwerte des Steuertarifs jährlich
       her ist als 520 Euro im Monat; vorher waren es 450   und Beschäftigte dann je zur Hälfte tragen. Ab dem   um die geschätzte Inflationsrate erhöht, d.h. „nach
       Euro. Dieser Verdienst ist steuer- und sozialversiche-  1.1.2024 liegt der Übergangsbereich bei Midijobs   rechts“ verschoben. Im Jahr 2024 erfolgt daher eine
       rungsfrei. Dies gilt auch dann, wenn ein einziger Mi-  im Bereich von 538 Euro bis 2 000 Euro und wird   weitere Verschiebung des Steuertarifs und zwar um
       nijob neben einer versicherungspflichtigen Haupt-  damit faktisch „verkürzt“.  6,3 Prozent. Durch diese Anpassung greifen stei-
       tätigkeit ausgeübt wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Seit                  gende Steuersätze des progressiven Steuertarifs
       dem 1.10.2022 ist die  Verdienstobergrenze als   3. Lohnsteuer:  Vorerst keine Abschaffung der   erst bei etwas höherem Einkommen, es bleibt et-
       dynamische „Geringfügigkeitsgrenze“  ausge-  Steuerklassen III und V     was mehr Netto vom Brutto. Ohne diese Anpassung
       staltet. Das heißt: Diese wird berechnet, indem der   Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist als   müssten Steuerzahler, deren Einkommen ledig-
       Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt   Maßnahme zur „Weiterentwicklung der Familien-  lich in Höhe der Inflationsrate steigt, durchschnitt-
       und auf volle Euro aufgerundet wird Klingt erst ein-  besteuerung“ die Überführung der Steuerklas-  lich mehr Steuern zahlen und hätten netto weni-
       mal kompliziert, ist es aber eigentlich gar nicht. Das   sen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklas-  ger Kaufkraft und damit an sich weniger im eigenen
       heißt, ab dem 1.1.2024 steigt die Geringfügigkeits-  se IV vorgesehen. Weder zum 1.7.2023 noch zum   Geldbeutel, das wäre dann quasi eine schleichende
       grenze von 520 Euro auf 538 Euro, denn der gesetz-  1.1.2024 sind Änderungen bei den Lohnsteuer-  Steuererhöhung, was durch die Verschiebung ver-
       liche Mindestlohn steigt von 12,00 Euro auf 12,41   klassen zu erwarten. Das erklärte Bundesfinanzmi-  hindert werden soll. Allerdings wir bei Inflationsra-
       Euro. Die Jahresverdienstgrenze erhöht sich ent-  nister Lindner im Juni 2023. Mit dem Faktorverfah-  ten im Bereich von 10 % diese Steuertarifverschie-
       sprechend von 6.240 Euro auf 6.456 Euro. Ab dem   ren kann die hohe Abgabenlast der Steuerklasse   bung vermutlich nicht ausreichen, um die tatsäch-
       1.1.2025 steigt die Geringfügigkeitsgrenze auf 556   V beseitigt werden, die in der Praxis überwiegend   lichen Kaufkraftverluste zu verhindern.
       EUR (R). Wie viele Stunden dürfen Minijobber pro   Ehefrauen nachteilig trifft und der Aufnahme ei-  Reichensteuer bleibt unverändert Von den vorge-
       Monat arbeiten? Wenn bislang der gesetzliche Min-  ner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
       destlohn von 12 Euro pro Stunde gezahlt wird, kön-  entgegenwirkt. - Das Faktorverfahren beruht auf   nannten  Verbesserungen profitieren rund 48
       nen Minijobber ca. 43 Stunden im Monat arbeiten.   der Steuerklassenkombination IV/IV in Verbindung   Millionen steuerpflichtige Bürger. Bewusst aus-
       Bei einem höheren Stundenlohn als dem Mindest-  mit einem auf 3 Kommastellen berechneten Fak-  genommen davon sind jedoch besonders hohe
                                                                                Einkommen, für die der sog. Reichensteuersatz von
       lohn, reduziert sich auch die maximale Arbeitszeit   tor 0,xxx. Die. Das Faktorverfahren führt beim ein-
       im Minijob entsprechend. Da der Mindestlohn und   zelnen Ehe-/Lebenspartner unterjährig zu einer ge-  45 Prozent greift. Seit 2007 gibt es die sog. Reichen-
       die Minijob-Verdienstgrenze seit Oktober 2022 mit-  ringeren Lohnsteuerbelastung als in Steuerklas-  steuer, ein Steuerzuschlag von 3 Prozentpunkten für
       einander verbunden sind, wird sich an der maxi-  se IV, aber zu einer höheren Belastung als in Steu-  Bestverdiener. Der Spitzensteuersatz beträgt also in
       malen Arbeitszeit im Minijob ab dem 1.1.2024   erklasse III. - Die Anwendung der Steuerklassen   der obersten Proportionalzone 45 % und greift bei
       nichts ändern. Bei einem Mindestlohn von 12,41   bzw. des Faktorverfahrens ist nicht nur unter steu-  einem zu versteuernden Einkommen im Jahre 2023
       Euro können Minijobber also weiterhin ca. 43   erlichen Gesichtspunkten relevant. Auch Lohner-  ab 277 826 Euro bzw. 555 651 Euro (Ledige / Verhei-
       Stunden monatlich arbeiten.                                              ratete).





















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