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Kleintierpraxis
Kinder, die von klein auf mit einem Haustier auf-
wachsen, verlieren einen Spielkameraden, der ein
Leben lang für einen da war. Sich alle Sorgen und
Nöte angehört hat und immer eine Schulter zum
Anlehnen hatte. So ist es verständlich, dass es hier
sehr emotional wird. Wenn ein Tier stirbt oder er-
löst werden muss, ist die Trauer groß und das darf
auch so sein.
Der Verbleib des geliebten Tieres kann unterschied-
lich gewählt werden. Entweder wird es zur Tierkör-
perentsorgung gegeben, im Garten eingegraben
oder eingeäschert. Beim Einäschern hat man die
Möglichkeit sein Tier als Asche in einer Urne wieder
bei sich zu Hause zu haben. Bei meinem Seelen- Als Tierarzt kann man hier nur die Möglichkeiten
hund Sam damals haben wir uns so entschieden. aufzeigen und seine eigenen Erfahrungen mit ein-
So dass er seitdem bei uns in der Wohnung steht. bringen und dem trauernden Besitzer bestmöglich
Ebenso bei Gustl. Das ist unsere Art zu trauern und beizustehen.
das Gefühl zu haben, dass sie immer noch irgend- Mit freundlicher Unterstützung von
Beim o.g. Hund habe ich für mich entschieden, er wie bei uns sind. Jeder Mensch trauert anders und Dr. med. vet. Sandra Riederer
hat noch Lebensqualität hat und v.a. keine Schmer- jeder sollte für sich das finden, was einem gut tut. Tierärztin
zen. Was die Besitzerin angeht, war die Lebensqua-
lität nicht mehr so vorhanden. Der Hund hat die
Wohnung vollgepinkelt und beim Autofahren ge-
schrien. Allerdings hat sie mehrmals betont, dass
das Pinkeln überhaupt kein Problem für sie ist, sie
putzt es halt weg. Ja, würde ich auch so machen
oder eben eine Windel anziehen. Wäre sie ehrlich
gewesen und hätte gesagt, es belastet sie enorm,
das Schreien beim Autofahren, das ständige Rein-
pinkeln usw. hätte man nach Lösungen suchen
können.
Wie man sieht, ist die Entscheidung ein Tier gehen
zu lassen oder eben nicht, eine ganz schön schwie-
rige Entscheidung, bei dem es eben kein Richtig
und Falsch gibt. Unsere Tiere können (leider) nicht
sprechen und uns mitteilen, ob ihr Leben noch le-
benswert ist. Könnten Sie das, wäre das Ganze si-
cherlich etwas einfacher. Und so muss man neben
der subjektiven Wahrnehmung, v.a. durch den Be-
sitzer auch objektiv beurteilen, ob ein Tierleben
noch lebenswert ist.
Den Abschiedsschmerz macht es aber dennoch
nicht leichter. Für die meisten Besitzer sind ihre
Tiere Familienmitglieder, Partner oder Kindersatz.
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