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Kleintierpraxis
gepasst und leben von dem, was Menschen übrig führungen nicht
lassen. Somit haben sie sich eine völlig neue ökolo- von modernen
gische Nische erschlossen. Rassen. Die Auto-
Genetische Anpassung ren der Publikation
führen das auf die
Neuere Studien zeigen, dass es auch genetische Landwirtschafts-
Anpassungen an den „neuen“ Lebensraum bzw. geschichte Japans
die damit verbundene Nahrungsumstellung gab. zurück. Während
Im Jahr 2013 sorgte eine Studie von Erik Axelsson der Shiba Inu aus
und seinem Team von der Universität Uppsala für Regionen stammt,
Aufsehen. Die Wissenschaftler haben herausgefun- in denen schon
den, dass Hunde deutlich mehr Kopien von ver- früh Reis angebaut
schiedenen Genen haben, die zur Stärkeverwer- wurde, kommt der
tung benötigt werden. Unter anderen betrifft das Akita Inu aus Re-
das AMY2B-Gen, welches ein Protein mit Amylase- gionen, in denen
Aktivität kodiert und somit für die Aufspaltung von der Reisanbau erst
Stärke notwendig ist. Eine höhere Anzahl an Kopien später eingeführt
dieses Gens bedeutet eine höhere Amylase-Akti- wurde.
vität (aber auch andere Faktoren beeinflussen die
Amylase-Aktivität). Die Forscher schließen daraus Auch eine aktuelle
auf eine Anpassung an den Lebensraum bzw. an die Studie eines Wissenschaftlerteams der Harvard Uni- weiteres Nahrungsspektrum nutzen können.
Ernährung des Menschen. versität legt nahe, dass es einen Zusammenhang Als Fazit kann man sagen, dass man aus der Ernäh-
zwischen Anzahl der Genkopien und der ursprüng-
In einer Folgestudie konnte die Arbeitsgruppe zei- lichen Ernährung der Rasse gibt. Auch hier haben rung sicher keine Religion machen soll, dass alle ver-
gen, dass die Kopienanzahl des Gens AMY2B so- Hunde, die traditionell eine stärkereichere Nahrung schiedenen Arten der Ernährung Ihr für und wieder
wohl zwischen Rassen, aber auch innerhalb einer erhalten (in diesem Fall waren es Pekinese und Shar haben, dass man sich informieren muss, wenn es
Rasse deutlich schwankt. Durchschnittlich haben Pei), eine höhere Kopienanzahl des Gens, als Hunde, geht, bei Leuten die sich mit der Materie auskennen
Hunde fünfmal mehr Kopien des Gens als Wölfe. deren ursprüngliche Nahrung eher weniger Stärke und nicht nur ohne Background Ihre Emotionen
Während Wölfe ca. zwei Kopien des AMY2B-Gens enthält (z.B. Sibirian Husky und Alaskan Malamute). ausleben wollen. Und als wichtigstes, genau wie
besitzen, haben Hunde zehn Kopien (Spanne 1-22). in unserer Ernährung ist der Überfluss das schäd-
Der Hund ist kein reiner Fleischfresser! lichste Moment an der gesamten Ernährung. Weni-
Die aktuellste Studie des Wissenschaftlerteams legt ger ist mehr.
nahe, dass diese genetische Veränderung kein Re- Im Laufe der Domestikation hat sich der Hund an
sultat der ursprünglichen Domestikation, sondern den Menschen, dessen Umgebung und somit auch Habidiehre.
eine sekundäre Anpassung an die spätere Land- der menschlichen Nahrung angepasst. Dass Hunde Mit freundlicher Unterstützung von
wirtschaft ist. Dabei haben Hunde, die aus Regionen hauptsächlich von Beutetieren leben, ist schlicht-
stammen, in denen prähistorische Landwirtschaft weg eine falsche Aussage und trifft auf den aller- Dr. med. vet.
betrieben wurde, eine deutlich höhere Anzahl an größten Teil der Welthundepopulation nicht zu. Le- Christian Cronenberg
Genkopien (N = 11), als Hunde, die nicht dieser Regi- diglich für die Hunde, die in Völkern leben, in denen Pestalozzistr. 7 · 93173 Wenzenbach
on entstammen (N = 3) aus Arendt et al. 2016: Fleisch der Hauptbestandteil der Nahrung ist, steht Telefon 09407 3550
Fleisch regelmäßig auf
Durchschnittliche Anzahl der AMY2B-Genkopien in dem Speiseplan. Aller-
10 großen geografischen Regionen. Die gestrichel- dings gibt es global be-
ten Linien markieren die ungefähre Ausdehnung
der prähistorischen Landwirtschaft (nach Diamond trachtet deutlich mehr
und Bellwood, 2003). Die Farben markieren die land- Hunde, die überwie-
wirtschaftlichen (rot) bzw. die nicht-landwirtschaft- gend von dem leben,
was Menschen übrig
lichen Regionen.
lassen. Die Beobach-
Ergebnisse anderer Arbeitsgruppen tungen und Studien
Ähnliche Ergebnisse fand auch eine Arbeitsgrup- an wildlebenden Hun-
pe aus Kyoto und Tokio. Sie haben die Kopienan- den deuten drauf hin,
zahl des entsprechenden Gens bei Akita Inus und dass Hunde im Gegen-
Shiba Inus untersucht. Beide Rassen gelten als sehr satz zum Wolf keine rei-
ursprünglich. Die Untersuchungen haben gezeigt, nen Fleischfresser mehr
dass Akitas zwar mehr Genkopien als Wölfe, aber sind und als Anpassung
weniger als moderne Rassen besitzen. Shibas hinge- an die menschliche
gen unterscheiden sich in der Anzahl der Genaus- Umwelt ein wesentlich
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