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        Kleines Dorf mit viel Geschichte: Hirschlinger Chronik zum Jubiläum

       Anno 972, vor 1050 Jahren, wurde Hirschling, heu-  ses 1697 angebracht wurde. Darauf steht die
       te ein Ortsteil von Regenstauf, in einer Urkunde   Geschichte, dass Hirschling seinen Namen vom
       des Klosters St. Emmeram in Regensburg erstmals   Präfekten der römischen Provinz, Marcus Falvius,
       erwähnt. Dieser runde Geburtstag war für Markt-  genannt Hercinius, ableite. Das stimme aber nicht,
       gemeinderat Fred Wiegand willkommener Anlass,   sagte Fred Wiegand und gab eine pragmatische
       die Ortsgeschichte aufzuschreiben. Seit 1987   Erklärung für die Marmortafel: „Auch in der dama-
       wohnt Fred Wiegand in dem heute 270-Seelen-  ligen  Zeit  war  bei  den  Bauherren  das  Angeben
       Dorf. Die Heimatforschung hat der ehemalige   wichtig.“
       Berufsoffizier schon lange zu seinem Hobby ge-  Was in den Quellen belegt ist, ist die Tatsache, dass
       macht. Ende Juli stellte er die Ortschronik in der   Hirschling ab dem 17. Jahrhundert ein wichtiger
       Hirschlinger Dorfkapelle vor.       Handelspartner der Stadt Regensburg war. Dort
       Wiegands Recherchen zeichnen das Bild eines   schätzte man den Hirschlinger Granit so sehr, dass
       historisch interessanten Ortes, dessen Bedeutung   der Fürst von Thurn und Taxis auf den Regensbur-
       viele Erwähnungen in alten Schriftstücken bele-  ger Plätzen nur noch den Granit aus Hirschling   BU: Das erste Chronik-Exemplar überreichte Fred
       gen.                                sehen wollte.
                                                                                Wiegand an Bürgermeister Josef Schindler.
       Nur eine Saga, die über Hirschling gerne gespon-  Auch  der  Schlosskapelle widmet sich  der  Autor   der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts un-
       nen wurde, konnte auch Fred Wiegand nicht bele-  in der Chronik. Diese wurde 1750 neu ausgestat-  terstützten viele Hirschlinger den Autor mit al-
       gen. Selbst wenn die verbliebenen Quadersteine   tet. Besonderes Augenmerk lenkt Fred Wiegand   ten Fotos. Diese vermitteln einen authentischen
       vom ehemaligen Schlossturm denen der Römer-  auf das Bild am Hochaltar. Das Gemälde, dessen   Eindruck vom damaligen Dorfleben. Zu sehen
       mauern im nahen Regensburg ähneln, einen rö-  Motiv die 14 Nothelfer zeigt, stammt von Johann   sind der Kramerladen, Bilder vom Bau der ersten
       mischen Wachposten als Vorgänger des Schlosses,   Gebhardt oder dessen Sohn Otto. Der berühmte   Brücke, der Entstehung der Flurkapelle, die Glo-
       gab es in der Siedlung, die einst den Herren von   Prüfeninger Kunstmaler hatte Kontakt zu den Brü-  ckenweihe oder der Anschluss an die Wasserver-
       Heresing gehörte, wohl nie.         dern Asam und wurde durch diese künstlerisch   sorgung. Der Bogen spannt sich bis zum Start der
                                                        beeinflusst. Geweiht ist die   einfachen Dorferneuerung 2013.
                                                        Hirschlinger Dorfkapelle dem
                                                        Hl. Dionysius, einem der 14   Wie wichtig das Vereinsleben für den sozialen Zu-
                                                        Nothelfer.              sammenhalt im Dorf ist, zeigen die Kapitel die Fred
                                                                                Wiegand den drei Hirschlinger Vereinen, der Feu-
                                                        Die älteste Ortsansicht von   erwehr, dem Burschenverein Edelweiß und den
                                                        Hirschling in dieser Chronik   Sportfreunden Hirschling, widmet. Dabei konnte
                                                        stammt von Christoph  Vogel   der Autor auf frühere Recherchen zurückgreifen.
                                                        (1554-1608),  evangelischer  Für Feuerwehr und Burschenverein hat er anläss-
                                                        Pfarrer in Regenstauf und   lich der Jubiläen die Chroniken geschrieben.
                                                        Topograph des Fürstentums
                                                        Pfalz-Neuburg. Eine auf 1838   Die Hirschlinger Chronik ist im Battenberg-Gietl-
                                                        datierte Ansicht entspricht fast   Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro. Sie ist im
                                                        dem heutigen Erscheinungs-  Buchhandel, im Regenstaufer Rathaus oder direkt
                                                        bild.                   bei Fred  Wiegand zu erwerben. Den Druck der
                                                                                Chronik finanzierte die Marktgemeinde vor. Spon-
                                                        Bei der Beschreibung des   soren ermöglichen den günstigen Preis.
                                                        Ortes befasst sich Fred  Wie-
       Bei der Buchpräsentation in der Hirschlinger Dorfkapelle von links: Bür-  gand auch mit der neueren   Fred Wiegand widmet die Chronik seiner Frau. Sie
       germeister Josef Schindler, Fred Wiegand, die stellvertretende Landrätin   Ortsgeschichte. Er berichtet   konnte krankheitsbedingt nicht bei der Präsenta-
       Petra Lutz (hinten), 3. Bürgermeisterin Susanne Nichtewitz-Bauer und   über die Zeit des 1. Weltkrieges,   tion dabei sein. Für den Autor selbst ist das Buch-
       Altbürgermeister Siegfried Böhringer                                     projekt ein wichtiges Anliegen: „Wenn die Chronik
                                                        die Weimarer Republik, die Na-  als ein Stück Heimatgeschichte angesehen würde,
       „Wenn der Fred  Wiegand etwas macht, dann   zizeit und die Nachkriegsjahre.  hätte sich die jahrelange Arbeit gelohnt.“
       macht er es richtig“, bestätigte Bürgermeister   Für die Bebilderung der jüngeren Geschichte   Text / Fotos: Sabine Norgall / Markt Regenstauf
       Josef Schindler bei der  Vorstellung des Buches.
       Die Chronik sei mit viel Liebe zur Heimat und
       Begeisterung für Geschichte geschrieben. Auch
       die stellvertretende Landrätin Petra Lutz war zur
       Buchvorstellung nach Hirschling gekommen. Sie
       betonte nach der kurzen Präsentation: „Die Chro-
       nik wurde mit viel Leidenschaft und Herzblut nie-
       dergeschrieben.“
       In seiner Einführung machte Fred Wiegand deut-
       lich, wie eng die Geschichte von Hirschling mit
       dem Schloss und der Schlosskapelle verbunden
       ist. Hirschling nannte er „einen echten Ing-Ort“.
       Vom Wortstamm her gehöre er damit zu den äl-
       testen der bayerischen Siedlungsgeschichte. Als
       ungewöhnlich bezeichnete es Fred Wiegand, dass
       man über den kleinen Ort verhältnismäßig viele
       Urkunden in den Archiven finde: „Für die Recher-
       che war das aber sehr gut.“
       Das Hirschlinger Schloss ist bis heute bewohnt. In
       einer der Wohnungen findet sich eine Marmor-  Bereits in den 1940er Jahren erkannten die Fotografen die idyllische Lage von Hirschling. Diese und viele
       tafel, die wohl bei der Renovierung des Schlos-
                                           weitere interessante Aufnahmen des kleinen Dorfes am Regen finden sich in der Chronik.
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